PC Spiel 06/96
Spielfeld
Jetzt siedeln sie wieder
Wenn die deutsche Softwareschmiede Blue Byte
zuschlägt, kann man für den deutschen Markt einen Hit
erwarten. Aber auch im internationalen Geschäft wirbeln die
Jungs aus Mühlheim ordentlich mit - nicht gerade Standard
für deutsche Softwarefirmen. Jetzt erscheint der zweite Teil
der Besiedelungsarie.
Den ersten Teil von Die Siedler
noch zu übertreffen, dürfte auch für die
erfolgsverwöhnten Mühlheimer nicht gerade ein
Spaziergang sein.
Auf den ersten Blick wirkt Die
Siedler II erst mal wie der Vorgänger.
Schließlich haben die Entwickler das Spielprinzip zum
Glück nicht mit der Kneifzange angefaßt. Dafür
gab es aber ein paar wirklich spielenswerte Erweiterungen. Doch
dazu später.
Die Intro verrät zunächst etwas über die
Sachlage: Ein Schiff strandet an einer einsamen Küste. Die
Besatzung kann sich retten und muß sozusagen bei Null
anfangen. Vom mageren Lager im Hauptquartier können erst
einmal die wichtigsten Betriebe gebaut werden, um die vorhandenen
Rohstoffe zu verwerten. Ein Holzfäller rodet den Wald, im
Sägewerk entstehen Bretter und im Steinbruch werden Quader
gekloppt. Damit ist allerdings das Nahrungsproblem noch nicht
gelöst. Also müssen zuerst Jäger und Fischer ihre
Behausungen bekommen. Da der Platz so langsam eng wird, muß
das Militär die Grenzen des kleinen Reiches erweitern.
Getreu dem Motto "Mühsam ernährt sich das
Eichhörnchen" entsteht eine autarke Kommune.
Von der Kommune zum Imperium
Doch auch die Probleme wachsen. Die Rohstoffe werden knapp,
die Soldaten wollen bezahlt werden, und dem Wald steht das
gleiche Schicksal wie dem Regenwald bevor. Förster und
Bergarbeiter müssen ran. Ein Geologe untersucht die
umliegenden Berge nach Bodenschätzen, doch die Bergarbeiter
wollen nur arbeiten, wenn was zu beißen auf dem Tisch ist.
Die Soldaten murren, wenn sie kein Bier bekommen. Also
müssen ein Bauernhof und eine Schweinefarm her. Doch die
Schweinefarm braucht Wasser kurz je weiter das Spiel
fortschreitet, um so komplizierter werden die Zusammenhänge
zwischen den mehr als 30 Berufsgruppen. Damit man
einigermaßen seine Prioritäten wahren kann, haben die
Blue Byter frei einstellbare Versorgungsscreens eingebaut, mit
denen man per Laufbalken die Versorgung der jeweiligen Betriebe
steuern kann. Ist das Wasser knapp und wird dringend
Schweinefleisch benötigt, setzt man die Wasserversorgung der
Schweinefarm nach oben und die der Brauerei nach unten.
Ähnliches gibt es auch für die Transportwege. Dort kann
man die wichtigsten Güter nach oben setzen und die
unwichtigen nach unten.
Apropos Transporte: Die Logistik im eigenen Reich muß
natürlich auch stimmen. Steht das Eisenbergwerk im
östlichen Reich, die Eisenschmelze im westlichen Reich und
der Schmied wieder im östlichen Bereich, muß das
Material mühsam hin- und hertransportiert werden.
Zeitverlust und verstopfte Transportwege sind die Folge.
Sieht man sich anfangs noch einem überschaubaren Reich
gegenüber, in dem jeder Betrieb liebevoll behandelt wird,
geht es später doch recht rüde zu. Wen interessiert da
schon der eine Steinklopfer, der in seiner Gegend kein Material
mehr findet, wenn 17 andere ausreichend zu tun haben?
Ein Krieg in Ehren
Die letzte Konsequenz beim Game ist schließlich die
bewaffnete Auseinandersetzung mit anderen Völkern. Da
müssen gegnerische Gebäude eingenommen, die Grenzen
gesichert und Soldaten rekrutiert werden. Jedes Gebäude, das
eingenommen wird, vergrößert zwar das Gebiet, aber der
Gegner sucht sich ebenfalls seine Angriffsziele aus. Der Nachteil
beim Verlust eines Wachturms ist, daß auch die umliegenden
Gebäude in Flammen aufgehen. Hat man zum Beispiel seine
Bergwerke nahe der Grenze gebaut, sollte man höllisch
aufpassen, daß der Gegner nicht einfach einen kurzen
Angriff auf eine Militärbaracke in der Gegend unternimmt,
sonst sitzt man plötzlich ohne Eisen, Kohle, Granit und Gold
da.
Ähnliches Spiel neue Features
Wie gesagt, im großen und ganzen hat man das
Spielprinzip übernommen. Doch die Feinheiten lassen
Siedler-Fans jubeln. War die Steuerung im ersten Teil
streckenweise superkompliziert, geht jetzt alles mit
Easy-Mausklicks. Jedes gewünschte Menü wird sofort
erreicht. Selbst Anfänger begreifen die Spielroutinen im
Handumdrehen. Letztendlich benötigt man das Handbuch nur
noch für die Feinheiten.
Wirklich neu sind vor allem das Thema Schiffahrt und die
Möglichkeit, mit Katapulten den Gegner zu ärgern. Im
Transportwesen sind die Eselzüchter hinzugekommen
obwohl die eher stiefmütterlich behandelt werden
können. Das Sahnehäubchen obenauf ist, daß jetzt
vier verschiedene Völker gewählt werden können,
aber das ist letztendlich fast nur ein Frage des Geschmacks.
Zusätzlich kann man jetzt eine Campaign mit elf
Aufträgen spielen. Diese Aufträge stecken in einer
komplexen Geschichte, die mit einigen Zwischensequenzen
gewürzt ist. Allerdings hat man von Blue Byte da schon
Besseres gesehen. Der Rest der optischen Genüsse ist
natürlich exzellent und kann je nach Rechner in zahlreichen
Grafikauflösungen gefahren werden. Musikalisch hat der
Hausmusiker Haiko Ruttmann wieder ganze Arbeit geleistet. Die
Soundtracks sind stimmig und die FX niedlich.
Unterm Strich bleibt ein komplexes Spiel, das durch die vielen
Verknüpfungen für rauchende Gehirnzellen sorgt
vor allem im Zweispielermodus. Erstaunlich ist, daß kein
einziger der pixeligen Siedler auch nur annähernd weiblich
ist. Selbst wenn die Epochen männerdominiert waren, so
hätte man wenigstens hier und da eine Bäuerin mit
einbauen können, oder?
Marcus Höfer
Es ist schon niedlich, dem wuselnden Treiben auf dem
Bildschirm zuzusehen: eifrige kleine Männlein, die
unermüdlich die gestellten Aufträge erfüllen.
Leider sind die Neuerungen nicht ganz so radikal ausgefallen, wie
es sich wohl so mancher Siedler-Fan gewünscht hätte.
Mir persönlich fehlte zum Beispiel eine
Prioritätenliste für Bauwerke. Trotzdem macht das Spiel
Spaß, auch wenn die Szenarien durchaus mehrere Nächte
dauern können.
Marcus
(Review)
Systemvoraussetzungen: 486/66,
8 MB RAM, SVGA, Doublespeed-CD-ROM, Soundkarte
+ sehr einfache Steuerung
+ gutes Tutorial
wenig neue Gebäude-Optionen
Hersteller: Blue
Byte, Preis: ca. 100 DM
(Review)
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