PC Spiel 05/96 Thema
Klik&Create
Do it yourself!
Bereits im letzten Jahr zeigte Europress auf der ECTS
in London das Nachfolgeprogramm für die Spieledesignsoftware Klik&Play.
War das ältere System noch ziemlich beschränkt, was
Spieledesign angeht, so ist das neue Klik&Create das nahezu
ideale Werkzeug, um so ziemlich jede Spielidee mit wenigen
Mausklicks in ein echtes Game zu verwandeln.
Zugegeben, schon Klik&Play war eine erstaunlich gut
funktionierende Lösung, um auch ohne großartige
Programmierkenntnisse die verschiedensten Spieletypen zu
entwickeln. Das beweisen nicht zuletzt die kleinen, feinen Games,
die in der von der PC Spiel aufgegriffenen Tutorial-Serie
des Programmautors François Lionet entstanden sind.
Als Klik&Play entstand, galt allerdings noch DOS als das
einzig wahre Betriebssystem für Spiele. Zu Zeiten von
Windows 3.1 war schnelle Bildschirmausgabe in Fenstern bei weitem
noch nicht angesagt. Erst jetzt sind wir bei Windows 95
angelangt, es gibt eine WinG-Programmierschnittstelle mit
annähernder DOS-Leistung, und wenn man es richtig eilig hat,
kann man über 32-Bit-Programmierung und die Verwendung der
DirectX-Schnittstelle den Kommandozeilen-Klassiker DOS
geschwindigkeitsmäßig sogar noch übertrumpfen.
Hauptmanko bei Klik&Play war das extrem statische
Verhalten des Spielfelds, auf dem sich nur mit Tricks (siehe Klik&Play-Tutorial)
Grafikeffekte wie Scrolling erzielen ließen. Alles was ein
wenig mehr als Spritebewegung erforderte, zwang die
Spielgeschwindigkeit bis zur Unerträglichkeit in die Knie.
Mit Klik&Create soll das alles anders werden. Neben
zahlreichen neuen Features zur eigentlichen Entwicklung wurde vor
allem auch die Game-Engine an moderne Erwartungen angepaßt.
Klik&Create verwendet wahlweise WinG, den verbesserten
Klik&Play-Treiber oder wenn es gar nicht anders geht
die Standard-Windows-Funktionen. Zusätzlich kommt das
Kit in einer 16- und einer 32-Bit-Variante, damit aus der
Kombination Pentium und Windows 95 die maximale Leistung
herausgekitzelt werden kann.
An der Entwicklungsumgebung hat sich
generell wenig verändert, der Umstieg von Klik&Play
fällt daher erwartungsgemäß leicht. Um den gerade
bei komplexen Abläufen leicht unüberschaubaren
Ereigniseditor etwas anwenderfreundlicher zu gestalten, hat man
aber zwei neue Formen der Gruppenbildung eingebaut. Zum einen
lassen sich verwandte Aktionen und Events in eine Art Subroutinen
packen, die per Mausklick ein- oder ausgeblendet werden
können. Der Nutzeffekt zeigt sich aber nicht nur in puncto
Übersichtlichkeit des eigentlichen Programmcodes, das ganze
erlaubt außerdem noch eine strukturierte Verwaltung, etwa
von Angreiferwellen, Bonusgegenständen oder ähnlichen
gruppierbaren Spielelementen.
Die zweite Form der Gruppenbildung bezieht sich auf Objekte
selbst. So lassen sich beispielsweise verschiedene Mauertypen in
einem Jump'n'Run als Gruppe von Hindernissen zusammenfassen, die
dann mit einer einzigen Programmzeile verwaltet werden
trotz unterschiedlicher Eigenschaften gleicher
"Auftrag"!
Ebenfalls hinzugekommen ist eine Time-Line-Steuerung, mit der
man das Verhalten von Frames anhand eines Zeitplans festlegen
kann. Die gebotenen Möglichkeiten sind ideal für
selbstablaufende Programmteile wie Intros oder
Multimediapräsentationen.
Neue Features just for fun
Vielleicht am interessantesten sind die neuen Objektfeatures,
denn sie entscheiden ja letzten Endes über die universelle
Verwendbarkeit des Generators. Für potentielle
Spieleentwickler einige Stichworte: Das Spielfeld darf nunmehr
stufenlos in beliebige Richtungen scrollen, Objekte können
stufenlos gezoomt werden.
Mit diesen beiden neuen Kernfeatures sollte es endlich
möglich sein, für alle denkbaren Spielegenres zu
entwickeln. Über eine neue DLL-Schnittstelle kann das System
auch noch um externe Objekte erweitert werden C++- und
Windows-Kenntnisse vorausgesetzt. Aber das System bringt schon
eine ganze Reihe Erweiterungen mit sich. So freuen sich CD-ROM-
und Multimediaentwickler sicherlich über die Integration von
Windows-Objekten wie Buttons, Listboxen und Eingabefeldern.
Ebenfalls stark sind die Möglichkeiten, Wave-, Midi-, AVI-,
Quick-Time-, FLIC- oder gar MPEG-Dateien nahtlos einzubinden.
Die Videos zum Beispiel laufen wahlweise
im Fenster, haben VCR-Controls oder bewegen sich entlang
vordefinierter Pfade. Die Integration geht sogar so weit,
daß Videos als eigenständige Spielfiguren mit
Kollisionsabfragen versehen werden können: Ein Breakout, bei
dem kleine Videos abgeschossen werden, ist da kein Problem mehr.
Wie gehabt, bringt das System eine umfangreiche Palette von
Spielobjekten, Sounds und Videos mit sich, damit man mit der Idee
für ein neues Spiel oder eine Multimediapräsentation
gleich loslegen kann. Die Objekte werden im Leveleditor abgelegt,
per Kontextmenü können die wichtigsten Ereignisse
sofort festgelegt werden, und auch nachträglich
läßt sich jedes Objekt mit Hilfe beigefügter
Werkzeuge nahezu beliebig modifizieren.
It works!
Klik&Create läuft schon in der 16-Bit-Betaversion so
überzeugend, daß programmierbegeisterte Redakteure den
ganzen Tag davon schwärmen könnten. Selbst die wirklich
teuren Multimedia-Entwicklungssysteme wie Macromedias Director
4.0 sehen neben dem wahrscheinlich weitaus preiswerteren
Produkt ziemlich alt aus. Klik&Create dürfte noch vor
dem Sommer fertiggestellt sein und verspricht, eines der
heißesten Produkte des Jahres zu werden.
Thomas Morgen