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In'side MULTIMEDIA 06/96 - Im Blickpunkt


 

Das multimediale Haus

Intelligenz zwischen Tür und Angel

Neben der computerspezifischen Anwendungen gibt es noch eine andere Welt, in der Multimedia eine Rolle zu spielen beginnt: die Welt, in der wir leben. Intelligente Systeme machen beispielsweise unsere Wohnungen komfortabler und das Leben angenehmer.

Wir betreten die Eingangshalle. Wie von Geisterhand schieben sich die Flügel der großen Glastür auseinander; langsam, fast unauffällig wird es heller im Raum. Die Jalousien öffnen sich auf ein unhörbares Kommando. Leise Musik ertönt aus versteckten Lautsprechern, um uns zu begrüßen. Das Haus ist erwacht.

Auch wenn sich diese Szene wie eine Zukunftsvision anhört, sie ist es schon lange nicht mehr. Science-fiction-Filme leben geradezu von der präsentierten Technik, bei der alles auf Zuruf funktioniert, bei der ein unsichtbarer Akteur im Hintergrund arbeitet und dem Menschen das Leben erleichtert. Alles ist vernetzt, und selbst Haushaltsgeräte werden von unsichtbaren Computern gesteuert.
Aber das ist keine Science-fiction. Die Technik, die solches möglich macht, ist Realität und wird bereits in Deutschland und anderen Ländern erfolgreich eingesetzt. Ob Tagungshotel, Verwaltungsgebäude, Sparkasse oder Eigenheim, intelligente Gebäudesystemtechnik ist heute bereits überall im Einsatz. Das Zauberwort heißt EIB (Europäischer Installations Bus), dessen Wurzeln sich bis in den Beginn der 80er Jahre zurückverfolgen lassen, der aber mittlerweile jedem innovativ tätigen Elektroinstallations-Betrieb bekannt ist und von diesem auch installiert werden kann.

EIB – die Zukunft hat begonnen

Was die Zukunft uns also ins Haus bringen wird, sind nicht mehr nur einzelne Elektrogeräte, die von Hand ein- und ausgeschaltet werden, sondern Geräte, die ihren Status aktiv durch Sensoren aufnehmen, diesen dem System melden und dann mittels Aktoren reagieren. Denkt man dabei nur an die gute, alte Kaffeemaschine, die sich ferngesteuert an- und ausschaltet, denkt man zu kurz. Der EIB ist ein auf die gesamte Elektroinstallation abgestimmtes Steuerbussystem, das die Automatisierung von Funktionen in einem Gebäude vereinfacht und vielfach auch kostengünstiger macht.

Eine Änderung der Raumnutzung oder eine Funktionserweiterung läßt sich mit dem EIB einfacher realisieren, als mit herkömmlicher Installationstechnik. Statt neuer Leitungen, Schalter oder Sensoren werden vorhandene Geräte einfach neu programmiert oder zusätzliche Geräte an den Bus angeschlossen. Kostenintensive Änderungen und Ergänzungen der bestehenden Installation sind nicht mehr erforderlich, es kann – neben Installationskosten – so manche teure Handwerkerstunde eingespart werden.

Mit dem EIB läßt sich aber auch noch an ganz anderer Stelle sparen: Bewegungsmelder registrieren die Anwesenheit von Personen in einem Raum, und eine durch Wärmesensoren gesteuerte Heizung sorgt für eine jederzeit angenehme Temperatur und spart zusätzlich Geld. Denkt man an die Tarifpläne der Energieversorgungsunternehmen, kann auch hier der EIB sinnvoll und kostensparend eingesetzt werden. Zeitgestaffeltes Schalten von Verbrauchern, um beispielsweise den jeweils günstigsten Tarif zu nutzen, setzt eine intelligente Steuerung voraus, die sich über ein Bussystem am einfachsten realisieren läßt.

Anschluß nach draußen

Auch an die Verbindung mit der Außenwelt wurde gedacht. So könnten z. B. Verbindungen zwischen dem Bewegungsmelder an der Außenwand, der Telefonzentrale des Hauses und der Polizei leichter hergestellt werden. Andere Einsatzgebiete, beispielsweise bei älteren Menschen eine Verbindung zwischen der privaten Wohnung und einer Arztpraxis oder dem Krankenhaus, sind ebenso denkbar.

Der EIB lenkt, leitet und steuert alle diese Gerätefunktionen auf der Basis eines seriellen Datenbusses. Und so finden sich im modernen Sicherungskasten nicht mehr nur die Sicherungen und Stromzuleitung, sondern auch serielle Schnittstellen, wie man sie schon vom PC kennt. Die von den Geräten ausgehenden Daten können nun im Haus oder über das Telefon außer Haus überprüft und gesteuert werden.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Wohnzimmer vor dem Fernseher und erhalten plötzlich eine Meldung eingeblendet, daß die Waschmaschine im Keller defekt ist oder ihre Arbeit beendet hat. Sie können per Fernbedienung im Schlafzimmer den Zustand aller Fenster und Türen im Haus überprüfen und ändern! Mit einem entsprechenden Anschluß an eine Telekommunikationsanlage ist dies sogar von außen möglich. Sie können also von Ihrem Urlaubsort aus beispielsweise die Heizung aktivieren oder Status-Infos abfragen. Auch eine automatische Ankopplung an ein Service- oder Überwachungsunternehmen ist denk- und bereits realisierbar. Bei entsprechender technischer Ausstattung wäre sogar eine Abfrage der Statusdaten über das Internet denkbar. All diese Funktionen – und noch bedeutend mehr – lassen sich jedoch mit der herkömmlichen Installationstechnik kaum verwirklichen.

Ein Steuerchip für universellen Einsatz

Kern des gesamten Systems ist ein programmierbarer Steuerchip, der sich in allen Schaltern, Reglern, Sensoren, Aktoren und Geräten befindet, die an den EIB angeschlossen werden sollen. Während bisher nur wenige Geräte mit zusätzlichen Sensoren und Aktoren ausgestattet wurden, die über den EIB verbunden und steuerbar sind, plant die Industrie jedoch für 1997 die neue Bustechnik in großem Rahmen einzuführen.

Der Steuerchip ist so universell gehalten, daß es praktisch möglich ist, von jedem angeschlossenen Gerät den Zugriff auf das Gesamtsystem herzustellen. Ein spezieller Schnittstellenbaustein, der z. B. anstelle eines Lichtschalters auf den Bus aufgesteckt wird, stellt die Verbindung zu einem PC oder zu einem Notebook her. Der Elektroinstallateur kann dann die Daten des Systems abrufen oder auch eine neue Programmierung vornehmen.

Daß dazu eine spezielle (meist auch sehr kostspielige) Ausbildung erforderlich ist, steht außer Frage. Der Elektroinstallateur von morgen wird mit der modernen Informationstechnologie genausogut umgehen müssen, wie mit Schraubendreher und Kabelbinder.

Noch steht vor der Verwendung von EIB in der Praxis viel Überzeugungsarbeit. Denn die Mehrkosten des Systems betragen zunächst 10 % der Kosten der gesamten Elektroinstallation. Daß sich diese Investition durch wesentlich geringere Kosten für eventuell später fällige Erweiterungen oder – je nach gewünschter Automatisierung – durch einen geringeren Energieverbrauch amortisieren, wird von vielen Bauherren noch nicht erkannt.

Silvia Dicke/Norbert Finke

Wir danken Herrn Jochen Grüning, Elektro Grüning GmbH & CO. KG, Eschwege, für die fachliche Beratung zu diesem Beitrag

EHS – Steuerung am Fernsehen

Mit einer gemeinsamen Produktion wollen die TU Braunschweig und die Firma ATICON Home Automation GmbH den Markt aufrollen. Im Rahmen des EHS (European Home System), einem von den führenden europäischen Elektrokonzernen erarbeiteten Kommunikationskonzept zur intelligenten Vernetzung von elektrischen Geräten und Komponenten im privaten Haushalt und kleineren Anlagen in Zweckbauten, wurde ein Steuersystem entwickelt, das wie eine Set-Top-Box mit dem Fernseher und dem PC gekoppelt werden kann. Im Gegensatz zum EIB verwendet dieses System die 220-Volt-Spannungsleitung als Übertragungsmedium für ihre Daten, so daß keine Neuverkabelung der Wohnung notwendig ist. So können dann beispielsweise Daten über Strom-, Gas- und Wasserverbrauch, der Status von Sicherheitssystemen, geöffneten Fenstern oder Türen und Infos über die Heizungsanlage bequem am Fernsehschirm in einzelnen Menüs abgerufen werden. Doch der zukünftige Service kann noch weit darüber hinaus gehen.

Wirklich interaktiv wird die Steuerung, wenn der Nutzer die Betriebszustände entsprechend ändern kann, also z. B. die Heizung einstellen oder Fenster und Türen mittels Fernseh-Fernbedienung öffnen und schließen oder wenn die Betriebsanleitungen der Haushaltsgeräte im System online hinterlegt werden. Ist das System an die Telefonanlage angeschlossen, kann die Wartung der Geräte von einem Systemtechniker möglicherweise in seiner Betriebszentrale übernommen werden statt vor Ort. Fernwartung oder Ferndiagnose bei technischen Geräten sind dabei nur ein Teil der Möglichkeiten, die dieses System bietet.

 


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Letzte Änderung am 22 Mai 1996.
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